Rissbildungen

Rissbildungen an Gebäuden

Neben der Bildung von Mikroorganismen dürften Rissbildungen in und an Gebäuden eine der häufigsten zu klärenden Aufgaben von Sachverständigen sein. Häufig wird die Frage gestellt, ob der Riss einen Mangel darstellt oder unvermeidbar ist. Bei der Beurteilung von Rissen müssen viele Faktoren untersucht werden, die zur Entstehung beigetragen haben.

Durch eine zunehmend beschleunigte Bauweise sowie unzureichende Austrocknungsbedingungen während der Bauphase zeigt sich in den letzten Jahren eine starke Zunahme von Rissbildungen in Putzen. Hinzu kommen neue, teilweise großformatige Baustoffe, die neue Verarbeitungstechniken erfordern und materialabhängig empfindlicher auf eine Durchfeuchtungen des Mauerwerks während der Bauphase reagieren.

Putze dienen nicht nur der optischen Gestaltung von Fassaden, sondern sie schützen das Bauwerk vor Witterungseinflüssen und nehmen einen wesentlichen Einfluss auf den Gebäudeenergieverbrauch. Diese optische und technische Anforderung kann nur durch intakte Putze sichergestellt werden. Rissbildungen im Mauerwerk führen, bedingt durch die eindringende Feuchtigkeit und Frosteinwirkung zu Folgeschäden. Ein feuchtes Mauerwerk leitet die Wärme schneller ab, was eine Zunahme des Heizenergiebedarfs zur Folge hat.

Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass Putzrisse immer dann entstehen, wenn mechanische, feuchte- oder auch temperaturbedingte Formänderungen behindert werden. Für die Ermittlung der Ursache von Rissbildungen müssen verschiedene Faktoren in Erwägung gezogen werden, von denen die wichtigsten folgendermaßen lauten:

  • Risse können durch die Erhärtung der Bindemittel entstehen oder durch eine Bindemittelanreicherung (Sinterhaut) an der Oberfläche während der Verarbeitung.
  • Risse können durch ein falsches Festigkeitsprofil oder durch eine Beeinträchtigung der Sieblinie entstehen, z. B. bei der Maschinenverarbeitung, wenn Leichtzuschläge zermahlen werden.
  • Risse können durch Quellungen und Schwindungen des Putzuntergrundes entstehen, z. B. bei Mischmauerwerken oder bei Baustoffen, die unter Feuchtigkeitsaufnahme ein besonders ausgeprägtes hygrisches Quellen zeigen.
  • Risse können durch thermische Ausdehnungen und/oder thermisches Schwinden des Putzuntergrundes entstehen, wenn beispielsweise Baustoffe mit stark unterschiedlicher Wärmeleitfähigkeit verwendet worden sind, z. B. bei einem Deckenschubriss.
  • Risse können durch Bewegungen des Baugrunds oder des Putzuntergrunds entstehen, z. B. durch sogenannte Setzungen. Es handelt sich dann um Risse, die besonders gravierend sind und bei Instandsetzungen entsprechend beachtet werden müssen.

Immer dann, wenn durch Formänderungen Spannungen entstehen, die größer sind als die innere Festigkeit der Putzschale, ist diese besonders rissgefährdet. Dabei spielen Bindemittelanreicherungen, ungünstige Festigkeitsprofile, starkes hygrisches oder thermisches Quellen und Schwinden des Putzgrundes sowie mangelhafte Vorbereitung des Putzgrundes eine bedeutende Rolle.

Grundsätzlich sollte die Oberfläche des Putzes frei von Rissen sein. Haarrisse in begrenztem Umfang sind nicht zu bemängeln, da sie den technischen und optischen Wert des Putzes nicht beeinträchtigen. Zu bemängeln sind einzelne unregelmäßige Risse, ein unregelmäßiges Netzrissbild und Risse im Verlauf der Mauerwerksfugen. Letztere können zwar auch auf Mängel in der Putzausführung zurückzuführen sein, z. B. bei unzureichender Vorbereitung des Putzgrundes bei unterschiedlichem Saugverhalten von Stein und Fugenmörtel oder beim Putzaufbau mit falschem Festigkeitsgefälle. Sie können aber auch darauf zurückzuführen sein, dass z. B. frisch verarbeitete Leichtbetonsteine im verarbeiteten Zustand noch nachschwinden. Es muss die Häufigkeit der Risse mit berücksichtigt werden. Treten diese Risse häufiger auf und wirken sich optisch störend auf das Gesamtbild des Putzes aus, stellt auch dies einen Mangel dar. Bei der Beurteilung von Putzrissen stehen Fachleute oft vor einem Problem, wenn der vorhandene Riss nicht eindeutig als technischer Mangel zu definieren ist. So werden Rissbilder die zwar keinen technischen Mangel, aber eindeutig einen optischen Mangel darstellen, oft nicht als Mangel anerkannt.

Doch nicht nur bei Putzen kommt es zu Rissbildungen sondern ebenso bei Anschluss-, Bauteil- und Hochbaufugen von Acryl-, Silikon-, Polyurethan- Polysulfitfugen, usw., bei Wärmedämmverbundsystemen, Gipskartonplatten im Bereich von Estrichen, in Anstrichen und Beschichtungen und fast allen Bauteilen.

 

Rissbildung im Kontaktbereich von Gipskartonplatten an andere Bauteile

Gipskartonplatten an Gipskartonplatten sind im Eckbereich (z.B. Anschluss Decke-Wand) voneinander zu trennen. Ungleichartige Bauteile wie z.B. Gipskartonplatte/Trockenputz sind durch eine geeignete Fugenausbildung ebenfalls zu trennen. Diese Fugenausbildung ist erforderlich damit sich das unterschiedliche Ausdehnungsverhalten verschiedener Baustoffe bei Temperatur und Feuchtigkeitsschwankungen nicht negativ auswirkt.

Diese Fugen können durch verschiedene Maßnahmen ausgebildet werden.

Werden Fugen mit Dichtstoffen auf Acrylbasis ausgebildet, wird oft (vor allem bei farbigen Anstrichen) ein vollflächiges Überstreichen gefordert. Da aber Acryldichtstoffe eine Dehnfähigkeit von ca.10 %, Anstriche (elastische Anstriche) jedoch nur von max. 2-4 % aufweisen, muss mit einer Rissbildung im Anstrichmaterial gerechnet werden. Eine solche Rissbildung stellt keinen Produktmangel dar und beeinträchtigt auch nicht die Funktionsfähigkeit der Fuge. Eine solche Rissbildung stellt jedoch einen optischen Mangel dar. Wird ein überstreichen der Acrylfuge vom Auftraggeber gefordert, sind vom Auftragnehmer „Bedenken" anzumelden.

 

Rissbildung der Bodenfuge

Werden Estriche zu früh mit Fliesen belegt kommt es häufig zu Abrissen im Fugenbereich. Die Ursache liegt im Trocknungsverhalten vom Estrich. Bei Estrichen, z.B. auf Folie verlegt, stellt sich nach dem Einbringen (bedingt durch eine schnellere Trocknung der Estrichoberseite) erst eine konkave Verformung (Aufwölbung im Randbereich) ein. Bildet sich diese Verformung (nach Durchtrocknung des gesamten Estriches) zurück, senkt sich der Estrich im Randbereich wieder. Wurden die Fliesen bereits aufgebracht und die Fugen im Randbereich ausgespritzt, können sich Fugen von mehreren Millimeter bis in den Zentimeterbereich, zwischen Boden und Wandfliese, bilden.